Bücher über das Hörspiel

Bertolt Brecht: Radiotheorie
Gesammelte Werke, Band 18 (Schriften zur Literatur und Kunst 1)
1927-1932, Frankfurt a. Main

Der Rundfunk als Kommunikationsapparat. Rede über die Funktion des Rundfunks (1932/33) und Vorschläge für den Intendanten des Rundfunks (1928/29). Hinzu kommen der Aufsatz Radio – eine vorsintflutliche Erfindung? (1927/28) sowie das Hörstück Der Flug der Lindberghs. Ein Radiolehrstück für Knaben und Mädchen (1929).
Im Kontext seiner Theorie vom Epischen Theater und seiner Lehrstück-Arbeit versteht Brecht den Rundfunk als ein Medium, welches die aktive Mitarbeit und Einbindung der Rezipienten möglich und nötig macht und sie damit selbst zu Produzenten werden lässt.
»Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln. Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, d.h., er würde es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen. Der Rundfunk müßte demnach aus dem Lieferantentum herausgehen und den Hörer als Lieferanten organisieren.«

H. Pongs: Das Hörspiel
1931

Grenzen eines rundfunkeigenen Spiels sind für Pongs ausschließlich gesetzt in den technischen Gegebenheiten des Rundfunks und der Belastbarkeit des Hörers, der bei zu langen Sendungen ermüde, weshalb ein Hörspiel nicht länger als eine Stunde dauern solle. Des weiteren war Pongs überzeugt, daß der Rundfunk – wie der Film ein Organ des modernen Kollektivgeistes – trotz Einzelempfangs fähig sei, ein Kollektiverlebnis zu vermitteln.
»Der Rundfunk […] mit seinem Material von Ton und Wort, das sich an die innere Vorstellungskraft wendet, tritt in unmittelbare Beziehung zur Dichtung und Musik. Jede Musik, jede Art Dichtung, jeden Vortrag, jedes Gespräch, jede tonbegleitende Wirklichkeit kann der Rundfunk senden. Dabei liegt seine eigentümliche Wirkung darin, dass er gleichzeitig an Hunderttausende sendet und doch an jeden Einzelnen, der für sich empfängt. Er verkoppelt eine individuelle und kollektive Aufgabe, er spricht den inneren Sinn jedes Einzelnen an, und er sucht das gleiche Menschliche in Hunderttausenden.«

R. Kolb: Das Horoskop des Hörspiels
1932

Rundfunkhören ist kein Gemeinschafts, sondern ausschliesslich ein individuelles Erlebnis, das dem Hörer weder Handlung noch Gemeinschaft als Agens vorführe, nicht den Menschen in Bewegung sondern mehr die Bewegung im Menschen zeige. Durch die Intensität seines inneren Erlebens würden dem Hörer die Stimmen des Hörspiels zu Stimmen seines Herzens oder Gewissens, werde die entkörperte Stimme des Hörspielers […] zur Stimme des eigenen Ich. Alles grob Realistische sei zugunsten des Immateriellen, des Überpersönlichen, des Seelischen im Menschen für das Hörspiel abzulehnen.
Diese These eines Hörspiels der Innerlichkeit hat damals wie in den 50er und 60er Jahren unter Berufung auf Kolb die Hörspielprogramme wesentlich bestimmt.

Friedrich Knilli: Das Hörspiel. Mittel und Möglichkeiten eines totalen Schallspiels
1961, Stuttgart

Der Autor Friedrich Knilli setzt sich in diesem Aufsatz mit dem “Schallspiel” auseinander, das er zunächst vom Hörspiel abgrenzt. Das herkömmliche Hörspiel ist Knilli zufolge sehr sprachlastig, wogegen das Schallspiel experimentell mit Geräuschen und Tönen arbeitet. F. Knilli stellt die verschiedenen Elemente des Schallspiels und ihre Besonderheiten (Geräusch, Ton, Stimme) vor und geht auf technische Hilfsmittel der damaligen Zeit und ihre spezielle Verwendung und Möglichkeiten ein (Studio, Mikrofon, Verstärker, Regler, Sonovox, künstlicher Kehlkopf…Stereofonie und Magnettongerät).

Heinz Schwitzke: Das Hörspiel
1963, Köln

Schwitzke ›der Papst‹ des literarischen Hörspiels (leitete von 1953-1964 das Hörspiel des NWDR), umreißt an Hörspiel-Beispielen die Geschichte und Dramaturgie des Hörspiels von den Anfängen 1923-1963. Schwitzke ist der Verfechter der »inneren Bühne im Kopf«; Geräusch und Musik als bloße Hervorhebung, Unterstreichung des Wortes, aber keine eigenständige Mittel (wie im Neuen Hörspiel).

Eugen Kurt Fischer: Das Hörspiel. Form und Funktion
1964, Stuttgart

Der Verfasser dieser Schrift hat die Entwicklung des deutschen Rundfunks seit seinen Anfängen vor vierzig Jahren miterlebt. Das Hörspiel stand im Mittelpunkt seiner Beobachtungen und Bemühungen als Autor, Programmgestalter, Dramaturg, Spielleiter, Beobachter der Hörermeinung, als Kritiker und Hochschullehrer. So hat er Gelegenheit gehabt, sich mit der neuen Kunstform, die mehr und im Grunde etwas anderes ist als Literatur, von allen nur denkbaren Gesichtspunkten her auseinanderzusetzen. Er hat das Nebeneinander der frühen Ansätze miterlebt und das ewige Experiment, die Einwirkungen der wechselnden Rundfunkordnungen und den keineswegs ungünstigen Einfluß, den der rasche Aufschwung des Fernsehens auf das Hörspielschaffen ausgeübt hat. Er hat dieses Buch in der Überzeugung geschrieben, dass das Hörspiel in Deutschland noch eine Zukunft hat, weil es in seinen reinsten Formen in Bezirke vorzustoßen verrmag, die den anderen Medien nicht im gleichen Maße zugänglich sind.

Heinz Schwitzke/Werner Klippert: Reclams Hörspielführer
1969, Stuttgart

Die wichtigsten Hörspielautoren (bis 1969) mit Kurzbiografien und ihren bis dahin erschienenen Werken werden vorgestellt.

Klaus Schöning: Neues Hörspiel: Essays, Analysen Gespräche
1970, Frankfurt a. Main

Autoren, Regisseure nehmen Stellung zum ›’Neuen Hörspiel‹. Teilweise Versuche einer Definition des Neuen Hörspiels. Schöning ist Begründer und Hörspielleiter des ‘Studios für akustische Kunst’ des WDR.

Birgit H. Lermen: Das traditionelle und neue Hörspiel im Deutschunterricht
1975, Paderborn

Umfassende Darstellung – anhand von Hörspielen, über das traditionelle und Neue Hörspiel. Trotz oder gerade der pädagogischen Absicht, ein gut lesbares Buch.

Werner Klippert: Elemente des Hörspiels
1977, Frankfurt a. Main

Werner Klippert entwirft eine Typologie des Hörspiels aus den technischen Gegebenheiten des Mediums und analysiert vor allem die Grundelemente des Hörspiels wie »Ton« und »Geräusch«, »Wort« und »Stimme«. Berücksichtigt wird auch die Rolle der Technik, wie z. B. Mikrofon und Mischpult, für die Produktion und Ausgestaltung von Hörspielen. Obwohl bereits 1977 geschrieben, gehört »Elemente des Hörspiels« zu den scharfsinnigsten Bestandsaufnahmen über die funktionellen Aspekte des Hörspiels nach 1945. Zu dem Buch gibt es eine entsprechende Schulfunkreihe des Saarländischen Rundfunks in vier Kapiteln:

  1. Technik
  2. Ton und Geräusch
  3. Wort
  4. Die Stimme

Stefan Bodo Würffel: Das deutsche Hörspiel
1978, Ffm.

Gute Darstellung des Deutschen Hörspiels bis 1978: literarisches Hörspiel, Original-Ton-Hörspiel und der Beginn des Neuen Hörspiels an Hörspiel-Beispielen.

Klaus Schöning (Hrg.): Hörspielmacher
1983, Königst./Taunus

Aufsätze und Essays über und von Hörspielmachern, wie Orson Welles, Bertolt Brecht, Paul Pörtner, Helmut Heißenbüttel, Mauricio Kagel, Ernst Jandl, John Cage …

Rita von der Grün: Das Hörspiel im ‘Dritten Reich’
1984, Stuttgart

Auf statistische Daten (Hörspiele, Sender, usw.) basierende Untersuchung über das Hörspiel von 1933-45.

Klaus Schöning (Hrg.): Schriftsteller und Hörspiel
1987, Königst./Taunus

Gesammelte Reden zum Hörspielpreis der Kriegsblinden, u. a. Ingeborg Bachmann, Günter Eich, Mauricio Kagel, Paul Wühr.

Reinhard Döhl: Das Neue Hörspiel
1988, Darmstadt

Standardwerk über die Geschichte des Neuen Hörspiels anhand von Hörspielen, zugleich versucht Döhl den Stand der Dinge des Hörspiels 1988 aufzuzeigen

Franz Hiesel (Hrg.): Repertoire 999. Literaturdenkmal-Hörspiel
1990, Wien

Liste deutschsprachiger Hörspiele mit Inhaltsangabe.

Reinhard Döhl: Das Hörspiel zur NS-Zeit
1992, Darmstadt

Genaue Analyse über die Entstehung, Wirkung der Hörspiele zwischen 1933-45.

Jürgen Geers: Originalton
1992, Frankfurt a. Main

Überlegungen zur Geschichte und Formensprache einer dokumentarischen Hörfunkästhetik, des Originaltons. Manuskript eines Features.
»[…] aus dem Strom des Lebens eine Handvoll abzuschöpfen, ein wenig davon aufzuhalten, um seiner innezuwerden, damit nicht alles Gehörte ins Meer des Vergessens münde. […] und sich somit in der trüben Flut der Radiowellen als wesentlich erweist.«

Horst G. Tröster: Science-Fiction im Hörspiel 1947-1987
1993, Hrg: Deutsches Rundfunkarchiv

Übersicht über alle SF-Hörspiele von 1947-1987, incl. Inhaltsangabe und Informationen über Sprecher, Regiesseur und Produktion.

Sibylle Bolik: Das Hörspiel in der DDR
1994, Frankfurt a. Main

Einen guten Ruf hatte das Hörspiel in der DDR, literarische Hörspiele, Kriminalhörspiele und natürlich auch sozialistische, aber da konnte man ja abschalten …

Antje Vowinckel: Collagen im Hörspiel. Die Entwicklung einer radiophonen Kunst
1995, Dissertation

Matthias Müller: Bibliographie zum Hörspiel 1970-1995
1995

K.-H. Blomann / F. Sielecki: Hören. Eine vernachlässigte Kunst?
1997, Herne

Beiträge von Manfred Mixner, Andreas Ammer und vielen anderen rund um das Hören und Hörspiel.

Alexandra Mira Schnoor: Hörspielmacher. 17 Porträts
1999, in Herbert Kapfer (Hrsg.): Vom Sendespiel zur Medienkunst. Die Geschichte des Hörfunks im Bayerischen Rundfunk.  

Die Autorin stellt bedeutende Hörspielautoren und -autorinnen in kurzen Porträts vor. Dabei geht es um die Biographie und um die wichtigsten Werke der Hörspielschaffenden.

HörWelten – 50 Jahre Hörspielpreis der Kriegsblinden
2001, Aufbau-Verlag

Eva Maria Lenz, Jörg Drews, Dr. Christian Hörburger und andere Publizisten sowie Hörspielverantwortliche setzen sich zum 50jährigen Bestehen des Preises in essayistischen Originalbeiträgen mit dem Hörspiel auseinander. Bekannte Hörspielmacher, wie Ludwig Harig, John Berger, Fritz Rudolf Fries, Gerhard Rühm und Jens Sparschuh erkunden die Chance für die Hörpspielkunst von heute und morgen.

Rainer Strzolka: Kurze Geschichte des frühen Deutschen Hörspiels
2003, Hannover, Kocher

Chronologischer Abriss, Das literarische Rundfunkprogramm, Die Entstehung des Hörspiels, Die frühe Diskussion um die typischen Eigenschaften des Hörspiels, Beispiele zur Dramaturgie des frühen Hörspiels, Hörspielautoren – Beispiele, Hörspieltheorien, Hörspieltypen der Weimarer.

Rainer Strzolka: Das Hörspiel der Weimarer Republik
2003, Hannover, Kochert

Wissenschaftliche Analyse der Hörspiele der Weimarer Republik. Dabei hat Strozolka viele Hörspiele aus der Versenkung gehoben und neu gehört, neu verortet.

Hörspielpreis der Kriegsblinden. Reden der Preisträger(1952-2003)
2003

Reden der Preisträger zur Theorie und Selbstreflexion des Hörspiels.
»Wichtigste Voraussetzung für das Ansehen, in dem der Hörspielpreis der Kriegsblinden steht, war und bleibt wohl diese: Von vornherein ist er vergeben worden mit einem beachtlichen Interesse für das Neue und Verändernde im Hörspiel, mit großer Aufmerksamkeit für die aktuellen Entwicklungen in der Literatur, aus einem Gespür dafür, daß das akustische Medium Hörspiel mit seinen durch die öffentlich-rechtliche Verfassung der Funkanstalten gegebenen besonderen Produktionsbedingungen auch ein literarisches Erprobungsfeld sein kann und sein sollte. Wer die Liste der ausgezeichneten Autoren und Hörspiele überprüft, kommt zu dem Schluß, daß die Jury beständig jedenfalls den Versuch unternommen hat, Fortschritte und Veränderungen zu akzentuieren, statt auf Normen und Konventionen zu bestehen.«, Heinrich Vormweg

Hans-Jürgen Krug: Kleine Geschichte des Hörspiels
2003

Seit 1978, als Würffels »Das deutsche Hörspiel« erschien, gab es kein Buch mehr zur deutschen Hörspielgeschichte.
Hans-Jürgen Krugs 166seitiges Werk teilt nun die Geschichte des Hörspiels in 4 Zeiträume ein:
I.) 1923-1929: Zwischen Radio und Kultur
II.) 1929-1968 Literarische Blütezeiten
III.) 1968-1985 Literatur oder Akustik
IV.) 1985-2003 Kultur und Unterhaltung
Krug versteht es die Geschichte des Hörspiels präzise einzuordnen. Er stellt die Hörspiele in den geschichtlichen Kontext, bezieht beispielhaft Hörspiele ein, verweist auf die zeitgenössischen Hörspielmacher und stellt kluge Bezüge zu theoretischen Texten zum Hörspiel her. Ein lesenswertes Buch, zumal (endlich) die aktuellen Hörspiele und die jüngere Hörspielgeschichte berücksichtigt werden.

Thomas Bräutigam: Hörspiel-Lexikon
2005

Aus 80 Jahren Hörspielgeschichte (1924–2004) hat Thomas Bräutigam für sein Lexikon um die 400 Werke ausgesucht, die es geschafft haben, rein quantitativ zu wirken – sie wurden mehr als einmal gesendet.
Das »Hörspiel-Lexikon« enthält Beispiele von der Frühphase der 20er-Jahre über die »Blütezeit« der 50er-Jahre mit bedeutenden Autoren wie Günter Eich, Friedrich Dürrenmatt, Alfred Andersch, Wolfgang Hildesheimer oder Dylan Thomas bis zur zeitgenössischen intermedialen »Radio Art«. Die einzelnen Artikel des Lexikons enthalten Produktionsdaten, Inhaltsangaben, interpretatorische Hinweise und hörspielgeschichtliche Einordnungen, sowie Angaben zu Text- und Tonträger-Editionen und zur weiterführenden Literatur. Ein biografischer Anhang informiert über mehr als 300 Autoren, Regisseure, Komponisten und Sprecher.

Elke Huwiler: Erzähl-Ströme im Hörspiel
2006

»Die vorliegende Studie fokussiert genau auf die Eigenständigkeit des Hörspiels und tritt für sie ein.«
In dieser Studie wird eine Narratologie des Hörspiels erarbeitet, die sämtliche dieser elektroakustischen Kunstform zur Verfügung stehenden Mittel einbezieht. Dabei wird von einem Hörspiel-Verständnis ausgegangen, das diesem eine Eigenständigkeit als Kunstform zugesteht und es nicht als Literatur betrachtet. Die Autorin beschreibt […] systematisch die narrativen Aspekte eines Hörspiels und zeigt in zahlreichen Analysebeispielen mauf, wie hier mit Hilfe spezifisch auditiver und technischer Mittel Geschichten erzählt werden. Als Grundlage dienen Hörspiel-Adaptationen nach literarischen Vorlagen aus der gesamten Rundfunkgeschichte. Die Studie zeigt dabei auf, dass es vom erzähltheoretischen Standpunkt aus keinen Grund gibt, an der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Adaptationen und sogenannten Original-Hörspielen, von der in der Hörspielforschung nach wie vor ausgegangen wird, festzuhalten.
Hörspiele erzählen durch medienspezifische Mittel Geschichten, und die vorliegende Studie zeigt einen Weg auf, wie diese Kunstform adäquat narratologisch analysiert werden kann.

Frank Schätzlein: Hörspiel-Bibliographie

Hörspiel-Bibliographie bis 2014 – online